Lieben in Zeiten des Online-Datings: Ab wann wird eine Beziehung fix?

Fachartikel von Robert Riedl

Wenn sich zwei Personen auf eine Partnerschaft einlassen, wird im Leben beider zumeist eine neue Lebensetappe eingeläutet. Das "Kapitel: Single-Dasein" schließt sich und ein neues Lebenskapitel wird aufgeschlagen. Neues kann uns motivieren und Zuversicht geben; oft bewirken Lebensumbrüche jedoch auch Verunsicherungen, weil der neue Alltag noch nicht vertraut ist.

Damit wir mit Lebensveränderungen gut umgehen können – wie bei einer neuen Beziehungen, hat es seit Menschengedenken verschiedene Strategien dazu gegeben: etwa Rituale, also symbolische Handlungen, die einen Umbruch bewusst machen sowie begleiten und durch ihren klaren rituellen Ablauf ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. In der Generation unserer Großeltern wurden zum Beispiel neue Partner noch offiziell der Familie vorgestellt oder die "Anwerber" mussten gewisse Rituale durchlaufen, etwa mehrere Abendessen als eine Art Prüfung, die es zu bestehen galt. Übrigens sind auch Verlobungen oder Hochzeiten solche Riten, die den Übergang in den neuen Lebensabschnitt zweiter Personen begleiten.

In Zeiten des Online-Datings bzw. in unserer moderner Gesellschaft, wo klar definierte Lebensübergänge immer seltener sind, stellen auch klare Rituale zunehmend die Ausnahme dar. Damit fehlt jüngeren Menschen aber ein sicherer Rahmen bzw. eine Art Wegweiser – etwa wie zwei Liebende beschließen sollen, ihre Beziehung "fix" zu machen, um sich ernsthaft auf die gemeinsame Etappe einzulassen. Damit der Beginn einer Partnerschaft beschlossen werden kann, muss man sich heutzutage selber Bindungsrituale einfallen lassen. Dies kann das persönliche Vorstellen des Partners bei den Eltern oder bei Freunden sein, könnte aber auch durch Änderung des "Beziehungsstatus" auf Facebook geschehen oder durch die WhatsApp-Nachricht: "Willst du dich in sieben Jahren von mir scheiden lassen? LOL". Wichtig ist allerdings, dass beide die Beziehungsentscheidung als solche anerkennen und definieren.

Warum fällt es mit fortschreitendem Alter immer schwerer, das Thema "fixe Beziehung" anzusprechen?

Sollte sich jemand eher schwer tun, das Thema „fixe Beziehung“ bzw. die Frage von Verbindlichkeiten in einer noch undefinierten Partnerschaft anzusprechen, könnte dies mit bisherigen unangenehmen Beziehungserfahrungen oder Befürchtungen zu tun haben. Es kann die Sorge vor einer zu engen Beziehung sein: als Furcht eigene Freiheiten durch eine feste Partnerschaft einbüßen zu können, z. B. weil man glaubt, nicht mehr genug Zeit für Hobbys zu haben. Es könnte auch die begründete oder unbegründete Angst sein, verlassen werden zu können, weil das Ansprechen oder Einfordern von Verbindlichkeiten dem anderen die Idee geben könnte, in seiner bisherigen Unabhängigkeit eingeschränkt zu werden. Mit fortschreitendem Alter kennt man sich selber bzw. das eigene Ich wohl besser. So will man die erworbene Eigenständigkeit im Leben bzw. eine Selbstbestimmung des eigenen Alltags nicht mehr so leicht aufgeben. In gesunden Beziehungen können immer sowohl Autonomie als auch Verbundenheit erlebt werden. Freiheit und Nähe sind kein Widerspruch, wenn die Balance zwischen individuellen Freiheitsansprüchen und persönlichen Nähebedürfnissen für beide stimmt.

Wie geht man damit um, wenn der andere das Thema "fixe Beziehung" vermeidet? Sollte man es mehrmals ansprechen?

In jeder lebendigen Beziehung geht es darum, dass zwei Menschen ein für sie passendes Gleichgewicht zwischen Verbundenheit und Autonomie finden – unabhängig davon, ob sie eine fixe oder offene Beziehung führen. Beides sind menschliche Grundbedürfnisse: einerseits das Bedürfnis nach einem "Wir" bzw. nach Nähe mit dem anderen; gleichzeitig bleiben wir aber in jeder Beziehung auch ein "Ich" mit eigenen Bedürfnissen und eigenen Zielen – egal ob in Affären, Partnerschaften, Freundschaften oder in Eltern-Kind-Beziehungen; andererseits gibt es in uns also auch immer das Bedürfnis nach Freiheit und Unabhängigkeit. Sollte die erlebte Balance zwischen Verbundenheit und Autonomie in einer Beziehung gar nicht stimmen oder leidet man sogar darunter, wäre es sicherlich ratsam, immer wieder das eigene Bedürfnis nach mehr Verbundenheit oder jenes nach mehr Autonomie anzusprechen. Es geht dabei darum, mit dem Gegenüber bestmöglich darüber zu verhandeln – solange bis die Waage zwischen gemeinsamer Nähe und individuellen Freiheiten für beide ausbalanciert ist.

Wie geht man am besten damit um, wenn nur einer die Beziehung als fix betrachtet, der andere dagegen eher eine lockere Sache darin sieht? Gibt es für solche Paare überhaupt eine Chance oder wird dabei immer einer unglücklich sein?

Verbundenheit und Autonomie können in Beziehungen auf verschiedenen Ebenen erlebt werden. Durch Miteinander-Reden lässt sich etwa Nähe mit anderen erfahren. Vor allem Emotionen geben einem wortwörtlich das Gefühl, sich mit dem anderen verbunden zu fühlen, wie das Erleben von Liebe oder Vertrauen. Auch gemeinsame Zeit, die man miteinander verbringt, oder Ziele, die man miteinander verfolgt, lassen uns Zusammenhalt erfahren. Oder körperliche Nähe wie in der Sexualität schafft ein buchstäbliches Vereint-Sein. Und auch gemeinsame Werte können uns verbinden oder eher "trennen", wie politische oder religiöse Überzeugungen. Um in einer Beziehung möglichst glücklich werden zu können, sollte man wissen, welche Art von Verbundenheit aber auch Autonomie bzw. wieviel man mindestens davon braucht, um zufrieden zu sein. Wenn das gewünschte, erhoffte oder erwartete Verhältnis zwischen Verbundenheit und Autonomie für einen oder beide dauerhaft problematisch erscheint, scheint es ratsam, bewusst in die eigene Autonomie zu gehen und sich zu trennen.

Was sind deutliche Anzeichen, dass beide Partner es ernst meinen?

In einer Paartherapie besteht meine Rolle als Psychotherapeut oft darin, dem Paar keine zu konkreten Antworten zu geben. Dies wäre so eine Frage: Es-ernst-meinen hat immer mit einem subjektiven Gefühl des Ernst-genommen-Werdens zu tun. Meine Antwort fällt daher bewusst eher unverbindlich aus: sobald zwei die eigenen Bedürfnisse sowie die des anderen ernst nehmen und dazu deutliche Anzeichen in der Beziehung beobachten können, meinen sie es als Beziehungspartner ernst. Zum Beispiel im Erfüllen des Wunsches nach Kommunikation, im erlebten Gefühl von Zuneigung, im Verbringen gemeinsamer Zeit oder im Verwirklichen gemeinsamer Ziele, im Eingehen auf körperliche Bedürfnisse des anderen oder im Ernst-Nehmen wichtiger persönlicher Werte, etwa nach Treue oder aber sexueller Offenheit. Wie gesagt: Jedes Paar muss für sich die stimmige Balance zwischen Verbundenheit und Autonomie finden. Das Lebendige an Beziehungen ist, dass dieses Ausbalancieren zwischen zwei Individuen immer wieder neu gefunden werden muss. Schließlich scheint das einzige Unveränderliche im Leben die Veränderung zu sein.



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